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Sanlurfa - Kars - Ani - Erzerum - Malatya - Mt Nemrud - Urfa - Gaziantep


46 Grad hat es hier in Sanlurfa. Von Dogonbayazit mit dem wunderbaren Palast Fahrt nacht Kars (Hier spielt 'Schnee' das Buch des tuerk. Nobelpreistraegers). Schon bei der Lektuere hab ich mir den Ort nicht sehr attraktiv vorgestellt - ist er wirklich nicht.

Also schnell in ein Taxi und zu den berühmten Ruinen von Ani, so nah an der armenischen Grenze, dass mein Handy vom tuerkischen ins armenische Netz gehuepft ist. Die Steppenlandschaft ist beeindruckend, die herumstehenden Kirchenruinen begeistern mich weniger. Der Reisefueher schlaegt vor hier mindestens 3 Stunden zu verbringen, na ja nach einer Stunde bin ich zur Begeisterung des wartenden Taxifahrers wieder da. Ich fahr noch schnell nach Erzerum in mein angenehmes Hotel.

Die Hotels, die fuer tuerk. Geschaeftsleute eingerichtet sind, finde ich sehr angenehm, alle haben perfekte Einzelzimmer, in denen alles funktioniert, beim Fruehstueck sitzen dann jede Menge Herren an einzelnen Tischen, schauen eifrig in ihre Kastln und telefonieren dabei. Diese Hotels kosten so um die 20 Euros/Nacht.

Von Erzerum eine lange, lange Busfahrt (9 Stunden) durch wirklich wunderbare Landschaften nach Malatya. Aussteigen und in einer anderen Welt sein. Kuehles, strenges Erzerum, heisses, lustiges, modernes Malatya. Malatya liegt in einem sehr fruchtbaren Tal. Hier waechst alles aber besonders Marillen, Marillen, Marillen. Ich bin 40km durch Obstgaerten gefahren. Die Marillen werden jetzt gerade getrocknet - ein schoenes Bild.

Inmitten von Malatya gibt es einen grossen Park mit alten Baeumen und Springbrunnen, voll mit Teegaerten, und jeder. der gerade nicht arbeiten muss oder kann, sitzt dort. Rund um den Pavillon des privaten Touristoffice sitzen die Touristen, die entweder eine Information brauchen oder auf den Mt. Nemrud wollen oder grad von dort kommen. Dazwischen hilfreiche Studenten und Studentinnen, die kommen, um die Sprache, die sie seit Jahren lernen (englisch) auch sprechen zu koennen. Es ergeben sich wirklich witzige Runden. Der grossartige Kemal, Organisierer, 'Chef' des Bueros und Kommunikator hat den Ueberblick.

Die Tour zum Mt Nemrud mit seinen grossartigen Statuen kostet mit Essen und Uebernachtung und Transport 40 Euro. Zu Mittag gehts los, um 1/2 11 soll man da sein - damit genug getratscht und Bekanntschaften gemacht werden koennen. Unsere Gruppe besteht aus 2 Taiwanesinnen und 3 Koreanerinnen - alle 5 schlafen im Minibus sofort ein und erwachen erst am Zielort wieder - kein Wunder bei dem Programm, das sie in kuerzester Zeit absolvieren - einem kanadischen Paar und mir. Mit ist auch noch der Teppichhaendler, der seine Teppiche in Kommission zum Touristenhotel bringt und der junge, englischsprechende (!) Dorfhodscha.

Wir fahren in die Berge, unser Ziel liegt etwa 2000m hoch, Landschaft unglaublich wild. Entsprechend kurvig ist die Strasse, die Asiatinnen erwachen nicht.

Auf dem Nemrud stehen Statuen drueber ein kuenstlicher Gipfel (Nemrud googeln und nicht verwechseln mit dem gleichnamigen Berg ganz ohne Statuen). Die Goetter und Herrscher schauen von ihrem Gipfelplatz in eine bizarre Bergwelt. Wir werden mit dem Minibus zum Sonnenuntergang gefuehrt. Ziemlich romantisch. Ich treffe den ungarischen Medizinstudenten wieder, den ich vor einer Woche im Bus nach ? kennengelernt habe. Vor lauter Begeisterung rutsche ich gleich aus, werde fachmaennisch eingefatscht und mit Salben und Pulverchen versorgt. Zurueck ins Hotel, essen,tratschen und um 1/2 5 wecken fuer den Sonnenaufgangstripp. Uff. Ich beneide ein wenig den tuerkischen Familienvater, der auf der Tempelterasse inmitten von Picknickutensilien den ganzen Sonnenaufgang laut schnarchend verschlaeft.

Von Malatya auf dem schnellsten Weg in 6 Stunden (mit Umsteigen) nach Sanlurfa (der Dorfimam hat den Weg perfekt erklaert). Ich steige zu Mittag aus dem Minibus und falle fast um. Wie ich nachher erfahren habe, hatte es zu diesem Zeitpunkt 46 Grad!

Das Hotel ist ein Traum. Ein altes Stadtpalais, fein restauriert, die Klimaanlage funktioniert auch. Bis 5 Uhr nachmittags mach ich einmal nix. Dann begeb ich mich langsam, langsam zur Stadtbesichtigung. Urfa ist eine heilige Stadt, sehr, sehr konservativ. Viele Frauen tragen die schwarzen Umhaenge, die mir aber immer noch kuehler erscheinen als die enganliegenden graubraunen Maentel mit Struempfen!

Es gibt sehr viele alte schoene Moscheen und einen besonderen Platz. Hier soll Abraham (Ibrahim) geboren sein. Und irgendwann ist ihm Gott erschienen und er hat begonnen, Goetterstatuen zu zerstoeren. Weil das dem Herrscher nicht recht war, hat er ihn zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt. Aber Gott hat das Feuer in Wasser verwandelt und die Kohle in Fische, er hat Abraham in die Luft gehoben und sanft in einen Rosengarten gelegt. Folgerichtig gibt es hier 1. die Hoehle in der Abraham geboren wurde (eine Pilgerstaette), 2. einen Rosengarten (nicht einfach bei dem Klima!) 3. eine Moschee mit Arkaden, die sich im Wasser eines grossen Beckens spiegeln, in dem 4. fette Karpfen schwimmen, die von allen gefuettert werden - das bringt Glueck. Wenn man einen Fisch toetet, wird man blind.

Morgen gehts in aller Frueh (Temperatur!) nach Gaziantep - dort will ich eigentlich nur das Museum sehen und wenn alles klappt, mit einem Nachtbus nach Isparta/Egedir fahren. (Fast wie bei den Koreanerinnen das Tempo) Dort war ich schon letztes Jahr, es gibt ein besonders nettes Hotel, gute Fische und einen riesigen See, in dem ich meine Zeit verbringen will. Dort ists zwar auch nicht richtig kuehl, aber ...
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Luftmatratze


İch hab mir eine gekauft  und paddle auf dem Egedir See herum - sonst mach ich NİX. Fisch essen natuerlich, frischen, direkt aus dem See.
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Koeycegis & Schildkroeten


Nach einigen Tagen am Egedirsee hab ich wieder eine 'kleine' Busreise hinter mich gebracht und bin in Koeycegis. Das liegt an einem See, der durch einen Fluss mit dem Meer verbunden ist. Die Ufer sind schilfig und beim Hineingehen kommt ein bissel ein Neusiedler See Gefuehl auf. Es gibt hier Schiffsrundfahrten zum voellig unverbauten Meeresstrand (5 km lang) - ein Traum.

Man faehrt durch den Fluss am Ort Dalyan vorbei - dort werde ich ab Samstag wohnen - lykische Graeber in der Felswand schauen auf das Bootsgewimmel herunter, vorbei an griechischen Ausgrabungen und dann der Strand. Dort darf nix gebaut werden, weil dort grosse Meeresschildkroeten nisten. Ich bin den Tieren sehr dankbar. Deshalb ist dieser Traumstrand von der tuerkischen Bauwut verschont geblieben.

Heute bin ich mit einem Kleinbus (es ist der einzige am Tag) 30 km in den naechsten kleinen Ort gefahren. Eine Traumbucht am Meer, 3 nette Hotels und eine grosse Anlage im halbfertigen Zustand. Ein Schandfleck,  der die Idylle stoert. Vor 12 Jahren hat ein Architekt diese Rieseninvestition geplant und hatte auch die Bewilligung des Buergermeisters. In der Zwischenzeit ist der Architekt/Bauherr gestorben, der Buegermeister hat gewechselt und 'Ankara' den Bau untersagt. Natuerlich nisten auch an diesem Strand die Schildkroeten und es ist ein Naturschutzgebiet.

Beim Spaziergang durch den Ort sehe ich ein Schid: UWES BAR. Uwe ist ein pensionierter Deutscher, der mit seinem tuerkischen Partner diese kleine Pension und Bar fuehrt. Dort werde ich in den naechsten Tagen fuer ganze 15 Euro Halbpension wohnen. Und am Strand gibts Liegestuehle. Internet gibts nicht.

Schildkroeten hab ich noch keine gesehen ...
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Vom kleinen in den winzigen Ort


Ein netter australischer Mensch empfiehlt mir Faralya - steht auf keiner Landkarte. Einige Kilometer vom meist fotografierten Strand der Türkei (Oeluedeniz bei Fethyie) von dort fahren 3 Dolmus am Tag in die Gegend des Streudorfes. Hoch ueber dem Meer gelegen (dahin ists eine halbstuendige Kletterpartie) prachtvolle Aussichten und ein Pool. Das Pool mit der schoensten Aussicht!

Hier sind ein paar Rucksackreisende (nicht die jungen - meist amerikanischen - Partymacher) und junge Tuerken auf Urlaub. Herrlich und interessant. Gestern haben 2 junge Frauen aus Istanbul bis 4 in der Frueh quer durch unglaublichen Liedschatz der Tuerkei gesungen. Von Volksliedern aus allen Gegenden bis zu vertonten Gedichten der beruehmtesten Autoren. Die vegetarische Halbpension kostet 15 Euro, die Unterkunft ist weniger als 'basic', aber hier kann man leicht auf Komfort verzichten.

Ich bleibe ...
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Istanbul Istanbul!


Schwer hab ich mich getrennt! Aber die Aussicht auf ein Wiedersehen mit 5 Sprachkursteilnehmern vom letzten Jahr hat mich doch aufraffen lassen. 14 Stunden Busfahrt bringen mich nach Istanbul. Istanbul ist fuer mich DIE Stadt.

Jose aus Mexiko, Marina aus Italien gehts genauso und wir feiern Wiedersehen im 360 benannt nach den Graden der Aussicht ueber Itanbul. Ein wunderbares Lokal - ganz fashion - und ich noch immer in den eleganten Gummischlapfen. Ein Drink hier ist sehr fein und kotet soviel wie ein Tag Halbpension in meinem letzten Quartier. Aber ich liebe Gegensaetze. 3 Tage/Abende Istanbul mit Freunden ... wunderbar. Wir fruehstuecken im speziellen Fruehstueckslokal fuer Van-See Leute (Osttuerkei) - dorthin verirrt sich kein Tourist und es gibt spezielle Kaese. Wir trinken herrlichen Kaffee und essen Suesses in der teuersten Konditorei der Stadt, wir besichtigen noch eine Moschee von Sinan - eine, die wir nicht kennen und schauen an, was es so an moderner Kunst gibt.

Jetzt hab ich noch eine Woche! Uiiii ist das wenig! ! !

Ich bin in Canaccale - hier sind die Dardanellen 1200m schmal - entsprechend viele Kriege haben hier stattgefunden. Besonders viele Schlachten im 1. Weltkrieg (Anzac Truppen waren beteiligt, das sind Austral. und Neuseelaend. Truppen, die haben hier eine wichtige Schlacht verloren - Heutige Aussies und Kiwis (Spitzname) besichtigen die Memorialstaetten scharenweise - warum? ? ?

Die Stadt liegt 30 km von den Ausgrabungen von Troja entfernt, also haben sie das Pferd aus dem Film mitten in der Stadt aufgestellt. Ich besichtige Troja nicht (keine Steinhaufen mehr auf dieser Reise!) und ziehe in ein Hotel am Rand der Stadt mit einem riesigen Pool am Meer (Meer hier zu dreckig, klar, unglaublich viel Verkehr in der Meerenge).
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Abschied


In ein paar Stunden geht mein Flug. O weh!

Ich habe gestern schon in einem ausgedehnten Spaziergang Abschied von meinen Lieblingsstadtvierteln genommen und einen letzten Drink im 360 genossen. Diese Aussicht im Abendlicht.

In den letzten Tagen war ich ausfuehrlich in einigen Museen, besonders toll das archeologische mit einer Sonderausstellung ueber Istanbuls Vergangenheit und Zukunft. Die Stadtregierung versucht das Verkehrsproblem mit einer Metro, die durch einen Tunnel unter dem Bospurus fuehrt, zu loesen. Die Bauarbeiten sind im Gang verlaufen aber eher schleppend, ueberall, wo sie zu graben beginnen, finden sich Spuren von tausenden Jahren Geschichte. Dort, wo die beiden grossen Haltestellen am Ufer des Bospurus sein werden, sind grossflaechig die Archeologen am Werk. Ob die jemals fertigwerden? Die Oesterreicher graben in Ephesus seit hundert Jahren und entdecken immer wieder Neues. Schlechte Perspektiven fuer Istanbuls Verkehrschaos!

Worauf ich mich freue? Auf Freunde, Schwarzbrot und Schinken.

Was ich in naechster Zeit nicht brauche: Weissbrot in jeder Form, Paradeiser und Gurken.

Was mir abgehen wird: Die wunderbaren Leute: humorvoll, freundlich, hilfsbereit. (Wenn ich nur an die grantigen Gesichter der Wienerinnen und Wiener in der U-Bahn denke!) und - klar - diese herrliche Stadt!

Einige Fragen bleiben offen

1. Warum: Tuerkische Menschen essen zum Fruehstueck unter anderem ein hartes Ei. Sagen wir einmal taeglich werden 30 Millionen harter Eier gegessen. (Die anderen 40 Millionen essen Suppe) Warum schrecken sie die Eier nicht ab? Ich stelle mir vor, wie 30 Millionen taeglich so wie ich - an ihrem harten Ei herumkletzeln ...

2. Warum: Sind alle tuerkischen Installateure farbenblind? In jedem Hotelzimmer der Tuerkei, in dem ich genaechigt habe - unabhaengig vom Preis - war die spannende Frage: blauer Hahn: kaltes oder doch heisses Wasser? Wenn die Frage fuer das Waschbecken geklaert war, blieb noch immer die Frage, wie es bei der Dusche ist. Denn was fuer einen Waserhahn gilt heisst nichts fuer den anderen im selben Badezimmer.

3. Warum: In tuerkischen Bussen bekommt man gleich nach dem Einsteigen Wasser und nach einiger Zeit Tee/Kaffee. Wir fahren auf schnurgerader Strasse. Die Passagiere werden langsam unruhig: Kein Tee? Ich, als geuebte Busfahrerin weiss, jetzt nicht, spaeter, doch jetzt bald, Berge werden sichtbar, die Strasse beginnt kurvig zu werden. Jetzt gibts gleich Tee! Richtig. An den richtig kurvenreichen Stellen beginnt der Schaffner mit dem Austeilen der Teebeutel und in der naechsten guten Kurve schuettet er das heisse Wasser in die Becher. Ganz ohne Schwierigkeiten waers ja fad!

... Und zum Abschluss meine Lieblingssiuation in der Tuerkei - sehr oft zu beobachten:

Tuerkische Maenner begruessen einander: Sie eilen mit ausgebreiteten Armen aufeinander zu - gleich werden sie sich um den Hals fallen - NEIN! Im letzten Moment stoppen sie ab und schuetteln sich angelegentlich die Haende, wobei sie mit der anderen Hand die Schulter des jeweis anderen ganz fest halten. Nach einiger Zeit des Schuettelns, in dieser Zeit werden die wichtigsten Neuigkeiten ausgetauscht, lockert der eine ein wenig den Griff um die Schulter des anderen und HA! Endlich kann umarmt und links und rechts und wieder gebusselt werden. Dieses Ritual ist beliebig oft wiederholbar (bis endlich auch die politische Lage und die letzten Fussballergebnisse ausgetauscht sind bzw. der Tee serviert ist). Dann endlich kann Mann sich niedersetzen und die Neuigkeiten noch mal durchbesprechen.

Auf Wiedersehen in der Tuerkei!
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Danke!
Zuerst einmal an ff, der alle Überschriften und die Fehler,die aus dem Kämpfen mit der türkischen Tastatur entstanden sind, verbessert hat und das Foto eingefügt hat ( ich kann das trotz Trudes Nachhilfeunterricht noch immer nicht wirklich)
und auch danke für die vielen freundlichen Reaktionen , die ich in den letzten Tagen ganz mündlich und ohne Netz bekommen hab!
Und wo  seid ihr gewesen und wie wars?
Schreibt doch mal!